Freitag, 8. April 2011

Zersplitterte Subjekte - nationalisierte Vernunft

instrumentelle Vernunft

Die bürgerlichen Subjekte, zusammengefasst als nationale Mehrheit, sind so widersprüchlich wie die gesellschaftlichen und historischen Bedingungen, zu denen sie gehören. „Die entfesselte Marktwirtschaft war zugleich die aktuelle Gestalt der Vernunft und die Macht, an der Vernunft zuschanden wurde“ (Adorno). Doch die Ohnmacht des Einzelnen, sein ökonomisches Schicksal  vorauszukalkulieren, schlug nicht überall so nachhaltig in willige Affirmation um wie in Deutschland.   

Re-Christianisierung


(2011)

Die Re-Christianisierung der deutschen Öffentlichkeit ist unübersehbar. Keine Talk-Show und keine Ethik-Kommission ohne Klerikale. Grundgesetzfeiern finden im Berliner Dom statt. Das Management großer DAX-Konzerne trifft sich nicht mehr auf dem Golfplatz, sondern zum Kirchgang. Es gehört heute zur vielbeschworenen "neuen Bürgerlichkeit", die Kinder wieder taufen zu lassen. Während des Höhepunktes der Finanzkrise gaben die Kirchen mit Stichworten wie "menschliche Gier" und "Tanz um das Goldene Kalb" die Richtung der Kapitalismuskritik vor. Die steuerfreien Kirchenkonzerne (Diakonie und Caritas) kontrollieren große Teil der Sozialeinrichtungen und Krankenhäuser. Die Beschäftigten dort sind zur Kirchenmitgliedschaft verpflichtet und haben kein Streikrecht.    

Legitimiert wird diese neue Gläubigkeit, die natürlich "ungeglaubter Glaube" (Adorno*) ist, nicht zuletzt mit der weltweiten Re-Islamisierung. Man will dem Islam also nicht Aufklärung entgegen setzen, sondern einen anderen Aberglauben.


* Theodor Adorno „Aberglaube aus zweiter Hand“, in: Soziologische Schriften, Band 1, S. 145-176

Assimilation


Die Aggressivität der Forderung zeigt, dass sie nicht als Einladung gedacht ist. Der Ton, in dem gefordert wird: "Hier wird Deutsch gesprochen" macht schon klar, dass  auch vollständige Assimilation nicht vor Ausgrenzung schützen wird. Selbst wer sich in eine schwarzrotgoldene Flagge wickelt und auch sonst von einem Volksdeutschen kaum noch zu unterscheiden ist, wird die Ablehnung weiter bemerken. Der Hauptzweck der Forderung ist die Sanktionierung deutscher Wut durchs Kollektiv.

charismatische Mobilisierung


Der Fall Guttenberg zeigt, wozu die Mehrheit der Deutschen fähig ist und dass ihr die Errungenschaften der Aufklärung nichts bedeuten.

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Steuersenkung


Der "Steuerzahler" ist in der deutschen Kultur eine besonders üble Figur. Er wird dauernd übervorteilt, er ist immer der Dumme. Besonders beliebt ist die Rede vom "ehrlichen Steuerzahler", womit man sich gleichzeitig vom unpatriotischen Steuerflüchtling und vom Sozialhilfeempfänger abgrenzen kann. Die Rolle des "ehrlichen Steuerzahlers" bietet einen erhöhten Sprechort, von dem aus man im Namen des Vaterlandes und des Allgemeinwohls jeden in die Schranken weisen kann, egal um was es geht. Auch "Bürgerinitiativen" treten gerne als organisierte Steuerzahler auf, wenn ihnen ein Projekt der Behörden nicht passt. Ebenso gut kann damit die Forderung nach "kurzem Prozess mit Kriminellen" begründet werden, da alles andere Verschwendung unserer Steuergelder ist. Die Nazis haben auf diese Weise die "Euthanasie" begründet.

Die Forderung nach niedrigeren Spritsteuern ist vor allem ein kultureller Code, ein Plädoyer für die "Autogesellschaft", gegen Öko-Spinner, für die Abwertung des öffentlichen Nahverkehrs, für´s Durchstarten überhaupt. Ein ähnlicher kultureller Code war einst der Transrapid. Man ruft das Wort auf und hat sich damit auf der Seite des Fortschritts positioniert. Shulamit Volkov hat in ihrem Buch: "Antisemitismus als kultureller Code" gezeigt, wie ganze Sets von Bedeutungen entstehen, deren Aufruf den Charakter eines indirekten Sprechens hat: Man sagt "Steuersenkung" oder "Heuschrecken", und alle wissen, was gemeint ist.      

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Benchmarking


Deutsche und chinesische Wirtschaftsmacht im Vergleich. Die Einzelnen als Teil nationaler Kollektive. "Kapital und Arbeit" kämpfen Seite an Seite gegen die ausländische Bedrohung. Lohn und Arbeitszeit sind hier Größen, die sich dem  gemeinsamen Kampfziel unterordnen müssen. Gefragt sind nationale Tugenden wie Opferbereitschaft und Fleiß. Die Mehrheit der Deutschen lässt sich auf diese Perspektive gerne ein. Deutsche Arbeit und deutsches Kapital werden der Herausforderung gemeinsam trotzen. Absolut nichts wird in Frage gestellt.

Stimmungsschwankung


Im Zustand ihrer Unmündigkeit, also unter kapitalistische Bedingungen, in denen die Subjekte keine Kontrolle über ihre Lebenssituation haben, sind heftig Schwankungen der Stimmung und der "Meinung" der Normalfall. Gestern noch fand man alles wunderbar, heute fürchtet man sich (wieder) vor Gespenstern.  Dieses "Wechselbad der Gefühle" nimmt jedoch in jedem Land andere Gestalten an. Das deutsche Muster konnte man in den letzten Jahren besonders gut bei den Fußball-WMs beobachten: auftrumpfender Überschwang, wenn die Zeichen auf "Sieg" stehen, aggressive Ausfälle beim kleinsten Rückschlag, der Glaube an "Wunder", die doch noch zum "Endsieg" führen und dann verbissener Katzenjammer nach der Niederlage, die nicht akzeptiert wird: "Deutschland" ist "Weltmeister der Herzen!". Nach diesem Muster wird auch die Stellung "Deutschlands" auf dem Weltmarkt bewertet. Wenn der deutsche Export boomt und die anderen sich darüber verschulden und ihre sozialen Errungenschaften reduzieren müssen, dann bejubelt man die durchschlagende Wirkung der deutschen Arbeitsfront.  Den anderen wird vorgeworfen, faul und unproduktiv zu sein, und wenn sie einen Kredit brauchen, der ihre Anhängigkeit von Deutscheuropa nur noch verstärken wird, tut man so, als wollten sie etwas geschenkt haben.

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Donnerstag, 7. April 2011

Mitmacher gegen Miesmacher





"Eine Mischung aus Hysterie, Pessimismus und Krisen-Demagogie ist über uns hereingebrochen. In Talkshows, in Zeitungskommentaren, an Stammtischen, selbst auf Wirtschaftskongressen kreisen die Gespräche nur noch um monströse Behauptungen. Deutschland, so heißt es, sei ein verwüstetes Land, pleite, unfähig zur Reform, verloren für die Zukunft. Bei diesem Diskurs werden von allen Seiten hemmungslos Superlative des Negativen verwendet: Niedergang, Untergang, Desaster, Lüge, Betrug – die öffentliche Rhetorik kennt keine Hemmschwellen mehr. " (Matthias Horx, Anti-Jammer-Manifest). 

"Für Meckerer und Miesmacher ist im deutschen Lande kein Raum
(Völkischer Beobachter, September 1939)

Präsident hält Deutsche für ein gutes Volk

2004 - Mehrheit der Deutschen: "Köhler ist ein guter Präsident!"

2008 - Mehrheit der Deutschen: "Horst Köhler ist ein sehr guter Präsident für Deutschland"

2010 - Mehrheit der Deutschen: "Horst Köhler war ein guter Präsident!"

Risiko-Optimierung


„Die Bundesregierung hat mit der französischen Regierung vereinbart, gemeinsame Sicherheitsanforderungen für künftige (!) Kernkraftwerke zu entwickeln. Im Rahmen dieser Bemühungen ist bereits im Jahr 1993 eine gemeinsame Empfehlung erarbeitet worden, nach der insbesondere im Fall einer Kernschmelze die radiologischen Auswirkungen in der Umgebung so begrenzt bleiben soll, daß Evakuierung oder Umsiedlung nicht erforderlich werden. (...) Mit der Änderung des Atomgesetzes vom 28. Juli 1994 wurde die direkte Endlagerung als gleichrangige Option neben der Wiederaufarbeitung zugelassen. Fortschritte wurden erzielt für Zwischenlager für bestrahlte Brennelemente in Behältern und für hochradioaktive Glaskokillen, die Beförderung von Castor-Behältern zum Zwischenlager Ahaus, die Genehmigung und Errichtung der Pilotkonditionierungsanlage Gorleben, das Planfeststellungsverfahren für die Inbetriebnahme des Endlagers Konrad, die Wiederaufnahme der Einlagerung im Endlager Morsleben.“ (Jahresbericht der Bundesregierung, 1994).

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„Die Koalition hält die Nutzung der Kernkraft für verantwortbar und auch für unvermeidlich, um in den nächsten Jahren die Versorgung mit ausreichender Energie zu vertretbaren Preisen gewährleisten zu können. Frau Merkel warnte davor, deutsche AKWs mit den russischen Typen zu gleichzusetzen. Sie mahnte außerdem, die Auswirkungen des Reaktorunfalls auf Deutschland nicht zu übertreiben. Bundeswirtschaftsminister Rexrodt (FDP) sagte, wenn Deutschland auf Atomkraft verzichte, lasse sich der Sicherheitsstandard deutscher AKWs nicht mehr zum internationalen Maßstab machen. Im Übrigen könne man nicht zulassen, daß eine wesentliche Stütze der Elektrizitätsversorgung tabuisiert werde, für die es keinen Ersatz gebe. Die SPD wünscht weiterhin (!) den Verzicht auf diese Energieform. Die Abgeordnete Schönberger vom Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, daß das Regierungsprogramm zur Stärkung regenerativer Energien nicht ausreichend sei. Anlaß der Debatte im Bundestag war das Reaktorunglück von Tschernobyl, das sich an diesem Freitag zum zehnten Mal jährte.“ (
dpa 27.4.96

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Volksstaat


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German Street View

Die Minderheit der Mehrheit


Wir sind nicht die Bürger einer Republik, sondern ein Volk unter Völkern! Einige Völker hatten uns bisher in schlechter Erinnerung, aber nun nimmt der Respekt der anderen wieder zu, weil wir erfolgreich sind. Diesem Kriterium kann sich in einer Welt, in der es genau darum geht, niemand entziehen. Aus völkischer Überzeugung waren wir immer schon Anhänger der Völkerfreundschaft. Fremde Völker, die Germany lieben, sind uns als Gäste sehr willkommen. Unsere Haltung zu denjenigen, die dauerhaft hier leben wollen, haben wir in den letzten Jahren etwas modernisiert. Nachdem die Deutschlandfahne hier seit 2006 in etwa eine so durchschlagende symbolische Wirkung hat, die nur noch mit der Wirkung der Vollverschleierung in islamischen Gottesstaaten vergleichbar ist, messen wir den Stand der Integration daran, wie heftig die Migranten mit der Deutschlandfahne wedeln. Je deutscher die anderen sich geben, desto besser fühlen wir uns. Es ist wirklich ein netter Spaß, die ganzen fremdländisch aussehenden Leute mit unserer Fahne zu sehen. Wie sie sich bemühen!


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Die Mehrheit der Deutschen als Verlierer


WM 2010


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Friedliche Kostenrevolution


Dass der Konformismus der Abhängigen für jede auf dem Weltmarkt konkurrierende Nation ein Standortvorteil ist, ist allgemein bekannt. Dass es Spanien, Portugal, Griechenland, Frankreich etc. nicht weit bringen, weil die Leute sich dort nicht alles gefallen lassen, davon sind der deutsche Arbeitsmann und die deutsche Arbeitsfrau zutiefst überzeugt. Ihr durchaus "materialistisches" Kalkül dabei ist die Spekulation auf Teilhabe am Erfolg der eigenen Nation. Während der jüngsten Finanzkrise soll sich das deutsche Modell besonders bewährt haben: Totale Flexibilisierung plus aus Kassen- und Steuergeldern finanzierte Kurzarbeit, die den Kapitalisten entlastet.    

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Volksgemeinschaft (2)

Volksgemeinschaft (1)


Die Aufhebung der gesellschaftlichen Spaltung in Herrscher und Beherrschte sowie in Ausbeuter und Ausgebeutete nennt man Kommunismus. Der Weg zu einem solchen “Verein freier Menschen” führt über die Aufhebung des Kapitalverhältnisses, also der vollständigen Verdinglichung aller gesellschaftlichen Beziehungen, wie sie dort typisch ist, wo Reichtum als Wert produziert wird. Eine solche Gesellschaft  wird nicht existieren können, wenn sie keine Weltgesellschaft ist; sie wird, mit anderen Worten, nicht neben Nachbarn bestehen können, die eine solche Stufe der Zivilisation nicht ertragen können. Vor diesem Hintergrund bezeichneten Revolutionäre, die in sozialen Auseinandersetzungen standen, die über die bestehende Ordnung hinauswiesen, ihr nächstes Ziel als Sozialismus- verstanden als Übergangsgesellschaft zum Kommunismus. Eigene Unzulänglichkeiten - vor allem hinsichtlich der Wirkungsweise des Werts - führten in Verbindung mit dem militärischen und ökonomischen Druck der kapitalistischen Staaten zum Scheitern dieser Bemühungen.

Auf ganz andere Antwort auf den Gegensatz von Ausbeutern und Ausgebeuteten gaben Faschismus und Nationalsozialismus. Sie heißt Volksgemeinschaft. Auf völkischer Grundlage, also durch den mörderischen Ausschluss all derjenigen, die man als "Volksfeinde" denunzierte, sollte in einer pseudo-ständischen Gesellschaft der Klassengegensatz  in ein hierarchisches Gefolgschaftssystem gepresst werden, dass auch den Subalternen eine gewisses Auskommen garantieren sollte. "Finanziert" wurde dieses System wesentlich durch Mord und Raub. Für die Subalternen fiel dabei genug ab, vor allem aber durften sie sich dabei als "Herrenmenschen" aufführen. Die gute Erinnerung an diesen privilegierten Zustand prägt bis heute die Einstellung zum Nationalsozialismus. Da die Erfahrung sozialer Benachteiligung gerade in "Deutschland" immer im Kontext deutschnationaler Sichtweisen thematisiert wird, wird das Ideal der Volksgemeinschaft immer wieder aktualisiert. Sichere Arbeitsplätze durch nationale Solidarität, das ist das bekannte Konzept. Der "Sozialismus", den sich diejenigen vorstellen, die "Deutschland" genau so haben wollen, wie es ist, nur eben mit "Sicherheit", ist eben nationaler Sozialismus, also die Volksgemeinschaft.   

 
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disponible Arbeitskraft

9/2010

Die Pointe des langen Streits um die Höhe einer Hartz-IV-Anhebung besteht darin, dass ein repressives  Almosensystem für bzw. gegen jene, die als Überflüssige aus dem System der Lohnarbeit rausfliegen, allgemeine Anerkennung fand. Wer noch nicht zu den Überflüssigen gehört, zieht an der Seite des Kapitals und mafiöser Betriebsräte-Cliquen in den ständischen Kampf um Subversionen: "WIR SIND OPEL". Was einmal Arbeiterklasse genannt wurde, stellt sich als eine Ansammlung von Rackets dar, die das Logo ihrer Firma als Feldzeichen verwenden. Wer nicht dazu gehört, soll sehen, wo er bleibt. Wer "Arbeit" hat,  will dass der Arbeitslose deutlich weniger hat und ordentlich daran gehindert wird, sich das Leben etwas bequemer zu machen.

Die Seriosität der oben zitierten Umfrage, wonach die Mehrheit gegen eine Hartz-IV-Anhebung um einige Euro ist und viele sogar eine Kürzung verlangen, wurde von den diversen "Sozialforen" angezweifelt. Man glaubt nur an Umfragen, die einem politisch passen, zum Beispiel an Meldungen wie: "Mehrheit der Deutschen ist gegen den Krieg in...." Das wird dann fleißig zitiert, weil man schon großen Wert darauf legt, es mit der Mehrheit zu halten.

Alle diese Umfragen sind natürlich wahr und unwahr zugleich. Das in sich widersprüchliche und unmündige bürgerliche Subjekt hat viele "Interessen" gleichzeitig, die sich meistens gegenseitig aufheben. Ohnehin kommt es auf seine sich ständig ändernde "Meinung" überhaupt nicht an. Die Politik macht sich davon nicht abhängig, während die von ihr bewirkten "Sachzwänge" dann dafür sorgen, dass am Ende die passende Mehrheitsmeinung schon zustande kommt.   

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Diskussionsforen des Forums Schuldnerberatung

Kommentare:
- Solange man nicht selber betroffen ist, kann man doch ablehnen.
- Die Propagandamaschinerie hat doch gut funktioniert. Hauptsache die Banken bekommen deutsches Volksvermögen und können weiter ihre Bonis rauswerfen.
- Diese sogenannte Umfrage kann man doch nicht als representativ bezeichnen.

Deutschland 2010

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Die "Elite" als völkischer Mob






Völkischer Sozialrassismus als Kulturkampf

"Ich halte 10% Sterilisierungen in jeder Generation für durchaus nicht zuviel. Es würde zweifellos im Interesse unseres Vaterlandes liegen, wenn das untüchtige Drittel der Bevölkerung keine Nachkommen haben würde." (Fritz Lenz, Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene, 1932)

In der jüngeren Vergangenheit mehren sich die Erscheinungsformen eines aggressiven Sozialrassismus der deutschen Neobourgeoisie gegen die - von ihr durch Niedriglöhne und Hartz-IV selbst geschaffene - "Unterschicht". Es sind vor allem die Feuilletons der überregionalen Tageszeitungen (besonders FAZ und Süddeutsche) und des Spiegels, die Demagogen wie Paul Nolte, Gunnar Heinsohn, Arnulf Baring, Karl-Heinz Bohrer, Peter Sloterdijk oder Thilo Sarrazin viel Platz für ihre sozialdarwinistischen "Manifeste" einräumen.

Zu den Diskurs-Bausteinen der neuen "Bürgerlichkeit" gehört die Polemik gegen die „schleichende Sozialdemokratisierung des Parteien-Systems“ und gegen den „Steuerstaat“, der die „Leistungsträger“ ausbeute und diese Finanzmittel an unproduktive und parasitäre (migrantische wie eingeborene) Transferzahlungs-Empfänger umverteile. "Lebten im ökonomischen Altertum die Reichen unmissverständlich und unmittelbar auf Kosten der Armen, so kann es in der ökonomischen Moderne dahin kommen, dass die Unproduktiven mittelbar auf Kosten der Produktiven leben." (Sloterdijk in der FAZ). Die FDP hat mit dieser Demagogie bei der letzten Bundestagswahl fast 15 Prozent gewonnen.

Die Verachtung für die "schmarotzenden Klassen", insbesondere für Hartz IV-Bezieher und ihre "Transferbabys", ist der Kern einer Herrenmenschenprosa, die ganz unverhohlen die während der Finanzkrise versenkten Milliarden durch weitere Verarmung der Armen reinholen will ("Sparpaket") und neben Umerziehungsprogrammen ("Aktivierung" von ALG II-Beziehern, fristlose Entlassungen wegen „Diebstahls“) "eugenische" und "rassenhygienische" Maßnahmen gegen den minderbemittelten Pöbel fordert. Ein ähnlicher biologistischer Diskurs bereitete einst die Zwangssterilisierungen vor.

Dieser Rückfall der bürgerlichen Distinktion in die pure Unterdrückung und das tiefe Verlangen nach einer Reorganisation des "wiedervereinten deutschen Volkes" zur hundertprozentigen "Rasse", hat die Gestalt eines Kulturkampfes "von oben" angenommen, einer Propaganda der Ungleichheit, die sich nicht mehr in den sonst üblichen Konsum-gestützten Distinktionsbemühungen erschöpft, sondern mehr oder weniger militante Formen annimmt, die von Sarrazins Hetze bis zu der Hamburger Bürgerbewegung reichen, die gegen die Verlängerung des gemeinsamen Schulbesuchs von Kindern aus heterogenen Milieus mobilisierte.

"Rückbesinnung auf christlich-abendländische Werte"

In der bürgerlichen Gesellschaft kursieren verschiedene Erklärungen für die bestehenden Status- und Einkommenshierarchien. Bevorzugt wurde in den letzten Jahrzehnten der Hinweis auf überragende eigene Leistungen. Obwohl das selten besonders überzeugend ist, ist diese Form der Legitimation immerhin besser als der Aberglaube, "Gott" sei der große gesellschaftliche Platzanweiser. An die Stelle von "Gott" tritt bei den völkischen Eugenikern die Auslese „gesunder“ und „hochwertiger“ Erbanlagen. Von daher scheint es nicht ganz zu passen, dass der neue sozialdarwinistische Eliten-Diskus von einer Renaissance des Religiösen begleitet wird. Doch in diesem Fall werden alle Register gleichzeitig gezogen.

Der neue völkische Sozialrassismus ist häufig religiös grundiert, und in dieser Variante reicht er inzwischen bis in die Vorstandsetagen großer DAX-Unternehmen, wo es nicht mehr unüblich ist, nach Verlesung des Geschäftsberichts "Gott" für seine Hilfe zu danken. Auch in der Bankenstadt Frankfurt "registriert man viele erwachsene Taufbewerber, nicht wenige aus dem Bankenumfeld. Die Kirchen denken darüber nach, in der Mittagspause Messen zu feiern" (FAZ, 7.8.10). In Stuttgart wurde soeben von katholischen und evangelischen Pastorenmanagern die Aktiengesellschaft "Kirche und Wirtschaft" (Kiwi-AG) gegründet, eine Unternehmensberatung, bei der die Vermittlung „christlicher Werte“ besondere Berücksichtigung findet. Unter Anleitung von Pastoralreferenten und Geschäftsführern "gemeinnütziger" Kapitalgesellschaften, buchen dort komplette Führungsriegen Frankfurter Bankhäuser Seminare, wo in Anlehnung an die bei klerikalen Unternehmen üblichen "Unsere Werte verbinden"-Sprechblasen, neue Unternehmensleitbilder entworfen werden. Dieser Trend prägt längst auch den Nachwuchs: In den Schulen der „besseren Viertel“ sind Jugendliche, die nicht zur Konfirmation gehen, bereits seit einigen Jahren in der absoluten Minderheit.

Zur Renaissance des Religiösen gehört auch, dass man hin und her gerissen ist zwischen Islamneid und Islamverachtung. Man beneidet den Islam als Ordnungsfaktor und als eine ideologische Macht, die Unterwerfung als „antidekadenten“ Tugendterror durchsetzt. Aus der Re-Islamisierung migrantischer Milieus macht man vor allem ein Argument für die Re-Christianisierung des öffentlichen Lebens: "Muslimische Schüler erwarten von ihren christlichen Klassenkameraden eine christliche Erkennbarkeit" (Tebartz-van Elst, Bischof von Limburg). Als es kürzlich auf dem Deutschen Juristentag um die Einführung einer staatlich sanktionierten Islam-Lehre an deutschen Schulen ging, gab es 115 Ja-Stimmen und zwei Ablehnungen. Die Debatte war nicht zuletzt von der Erwartung bestimmt, dass sich dadurch der missionarische christliche Religionsunterricht und die Kruzifixe an staatlichen Schulen noch besser rechtfertigen lassen. Selbst die FAZ wunderte sich: "Freunde der Laizität gibt es hier kaum – nur eine Handvoll Teilnehmer sträubt sich gegen religiöse Symbole in der Schule."

Auch bei dem rechten Antiislamismus von Sarrazin & Co. geht es weder um Religionskritik noch um die Lage muslimischer Frauen. Es geht allein um "Überfremdung", und an diesem Punkt schlägt der Islamneid der "Eliten" wieder um: Man hat nichts gegen islamische Regimes und den Beitrag des Islam zur Selbstethnisierung der Migranten, aber es muss klar bleiben, wer hier über die "Leitkultur" bestimmt und dass bei der Verwaltung der "Unterschichten" auf die Herstellung einer völkischen Hierarchie geachtet wird.

Der Kulturklassenkampf von oben zeigt Wirkung auch bei denen, gegen die er sich richtet. Dass die "Vererbung der Intelligenz" Ursache von Ungleichheit ist, leuchtet auch manchem Leser der Boulevard-Zeitung ein, die das täglich propagiert. Außerdem gibt es etwas weiter "unten" immer noch einige, gegen die man sich abgrenzen kann, nicht zuletzt weil der Sozialrassismus stets auch ein völkisches Angebot enthält: Die autochthone "Unterschicht" steht über der migrantischen.

Fasziniert verfolgen viele Subalterne auch die medial inszenierten Lebenswelten der Celebrities der selbsternannten "Eliten". Besonders wenn sie "adliger Herkunft" sind wie Karl-Theodor zu Guttenberg, Florian Henckel von Donnersmarck und andere Lieblinge von FAZ und Bild. Mit einem Titel wie Otto Friedrich Wilhelm von der Wenge Graf Lambsdorff war in den 1980 und 1990er Jahren noch keine besondere Aura aus verbunden. Heute wird das "Ehepaar zu Guttenberg" fast jeden Tag auf den Titelseiten gefeatured: Adelstitel fördern den Glauben an die genetische Überlegenheit des Mobs, der sich "Elite" nennt.



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German Angst (5): Google


Von Spiegel bis Zeit, von Brand Eins bis FAZ zieht eine Welle der Googlephobie durch die deutschen Blätter:

"In vielen europäischen Ländern ist es schon Realität: der Blick auf Häuser, Straße und in Gärten. Der Internetkonzern Google hat auch deutsche Städte fotografiert und möchte sie demnächst frei zugänglich ins Internet stellen. Bürger, Politiker und Datenschützer in Deutschland laufen Sturm dagegen, wollen ihre Wohnhäuser unkenntlich machen lassen. Die Diskussion um Google zeigt exemplarisch die große Angst der Deutschen vor Datensammlungen jeglicher Art." (FAZ)

Siehe dazu: "Mehrheit der Deutschen für Video-Überwachung" (5 Bilder zurück)

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Politiker lassen ihre Häuser auf Street View ausblenden
Der Widerstand gegen den Google Dienst Street View wächst: Zahlreiche Politiker kündigen an, ihre Häuser im Internet pixeln zu lassen. Viele kritisieren mangelndes Einschreiten der Bundesregierung - und fordern Gesetze zum Schutz der Privatsphäre.

Diese Hamburger sagen Nein zu Google Street View
Es gibt massive Vorbehalte bei Hamburgern und Politikern gegen den Internet-Service Google Street View. Sie wollen Widerspruch einlegen.



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German Angst (4): das Sparbuch


Der Wirtschaftsjournalismus stellt die Krise als einen Test auf die Tugendhaftigkeit des Finanzsektors dar. Jahrelang wurde das Kreditgewerbe als Motor der Wirtschaft gepriesen, seine Renditen bewundert. Als sich die Krise schon abzeichnete, hat man behauptet, im Grunde sei das Bankensystem „im Kern gesund“.

Jetzt mahnt man eine „radikale Umkehr“ an - zurück zum „ehrlichen Kapitalismus“. Bankgeschäfte sollen wieder „fair“ und „menschlich“ werden. Hatte man vorher das hohe Lied der „Selbstheilungskräfte“ der „freien Marktwirtschaft“ gesungen, soll jetzt plötzlich „moralisches Handeln“ zur Leitlinie werden. Ausgerechnet die FAZ kritisiert die Frankfurter Sparkasse nun dafür, dass diese Wertpapiere zu sechs Prozent anbietet – Kredite für Daimler und die Commerzbank. Dabei ist der Handel mit Risiken und Erwartungen nach wie vor das Geschäftsfeld der Banken. Ein Kredit an die Daimler AG ist mal mehr, mal weniger riskant. Entsprechend hoch sind die Risikoaufschläge. Niemand muss sich darauf einlassen.

Und reagiert der Staat auf die Krise nicht selbst mit einer Politik des „billigen Geldes“, obwohl diese doch, als sie noch von Alan Greenspan betrieben wurde, die Krise herbeigeführt haben soll? Ebenso denken Aktionäre und Manager, noch bevor der Staat irgendetwas „gerettet“ hat, schon an die Zeit danach. Das kann nicht anders sein, solange die Logik der Konkurrenz und der Verwertung von Kapital nicht in Frage gestellt wird, solange also keine gesellschaftspolitischen „Lehren“ gezogen werden. Und genau das soll nicht geschehen: Politik, Wirtschaft und Medien stemmen sich mit aller Macht dagegen, dass die Systemfrage in kritischer Absicht aufgeworfen wird. Der Kapitalismus wird einerseits, als wollte man radikalen Gedanken zuvor kommen, wieder offensiv bei seinem lange verpönten Namen genannt und zugleich wird trotz der offensichtlichen und bedrohlichen „Misswirtschaft“ (dieses Wort ist für die die „Planwirtschaft“ reserviert) seine Alternativlosigkeit beschworen.

Integrationsverweigerung




- SPD-Chef Sigmar Gabriel hat ein konsequentes Durchgreifen gegen integrationsunwillige Migranten gefordert.

- Regierung überprüft Maßnahmen bei Integrationsverweigerung. Innenminister Thomas de Maizière sammelt Informationen über Fälle von Integrationsverweigerung und deren Folgen.
 

- Gegen Integrationsverweigerung : Bundestag ändert Ausländerrecht.




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"Jüdische Gewalt gegen Deutsche" (für die Mehrheit stimmt der Bundestag geschlossen gegen Israel)

Es gehört zum nie aufgegeben Streben nach Relativierung der deutschen Schuld, sich die Juden als TäterDeutsche als Opfer vorzustellen. Einst war damit die Hoffnung auf einen „Schlussstrich“ unter die „deutsche Vergangenheit“ verbunden. Heute erlaubt es die Abgrenzung von „den Nazis“, aus einer Position moralischer Überlegenheit mit den Juden Tacheles zu reden: Israel ist für deutsche "Antizionisten" inzwischen ein

Fall für die Bundesanwaltschaft“:

"Der blutige Angriff der Israelis auf die Gaza-Hilfsflottille erfordert die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch die Generalbundesanwältin gegen die beteiligten israelischen Soldaten und die für die Aktion verantwortlichen Politiker und Militärs", erklärt mit großdeutschem Selbstbewusstein der Parteigenosse Wolfgang Neskovic in seiner Funktion als "rechtspolitischer Sprecher" der Fraktion DIE LINKE am 31.05.2010. Denn: "Es besteht der Anfangsverdacht eines Kriegsverbrechens“.

Die
Kinder und Enkel der Täter haben keine Hemmungen mehr: In der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ in Ludwigsburg sind 1,7 Millionen Täter verzeichnet, aber nur 6.498 von ihnen wurden zu - meist geringen - Strafen verurteilt. Während zahlreiche deutsche Täter über die Amnestiegesetze von 1949, 1951 und das Straffreiheitsgesetz von 1954 wieder zu Amt und Würden kamen und großzügige Pensionen erhielten, machten viele überlebende Opfer bei der Beantragung von Entschädigungen die bittere Erfahrung, dass ihnen derselbe Finanzbeamte, welcher vor 1945 die finanzielle Ausplünderung organisiert hatte, nun als scheinbar neutraler Sachverständiger in dem „Wiedergutmachungs“-Verfahren gegenüber stand.

Diese
zweite deutsche Schuld wirkt fort wie die erste. Um Schuld zu verdrängen, muss man diese erstmal empfunden haben. Für diese Empfindung gibt bei den Deutschen wenig Evidenz. Trotzdem war es noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar, dass Deutsche es so bald wagen würden, den Spieß tatsächlich umzudrehen. Und dass es ausgerechnet deutsche Linke sein werden, die diesen Tabubruch
als erste wagen, hatten sich die die "Überlebenden des 2. Weltkrieges" - so werden seit 1990 die zu "Zeitzeugen" mutierten Täter und Mitläufer genannt - auch nicht vorstellen können.

Juden vor deutsche Gerichte!
Aburteilung wegen blutiger Kriegsverbrechen! Seit dem Ende des „Volksgerichtshofs“-Präsidenten Roland Freisler hat das niemand zu fordern gewagt! Jetzt wagen es linke "Antizionisten" und sie verkaufen diesen unsäglichen Tabubruch auch noch als „Lehre aus Auschwitz“. Wie Joschka Fischer es - gewendet gegen jugoslawische Nazigegner - während des Kosovokriegs vorgemacht hat: "Nie wieder wegsehen, wo Unrecht passiert!". Nicole Gohlke (MdB - Die Linke), die mit der Mehrheit der Deutschen davon überzeugt ist, dass es für besondere Rücksichten auf den jüdischen Staat für Deutsche keinen Grund mehr gibt, wendet Fischers „Lehre“ nun auf Israel an:

„Wir sagen: Völkerrecht und Menschenrechte gelten immer und überall auf der Welt! Israel muss genauso danach handeln und [von uns] für Vergehen zur Rechenschaft gezogen werden wie jeder andere Staat!“.


Wie jeder andere Staat!
Nicole Gohlke ist eine ganz und gar unverkrampfte deutsche Patriotin. Sie erwartet von der deutschen Regierung, dass sie das ganze politische Gewicht eines Exportvizeweltmeisters in die Waagschale wirft und Israel „mit aller Kraft“ dazu zwingt, „endlich das Völkerrecht zu achten“.
des Holocaust wird hier zur "Menschenrechts"-Waffe gegen die Holocaust-Opfer und ihre Nachkommen. Anders gesagt: Wenn die Linkspartei könnte wie sie wollte, wenn sie bereits an einer Regierungskoalition beteiligt wäre, dann bekäme Israel jetzt die geballte deutsche Weltmacht frontal zu spüren. 


Es gehört zu diesem Tabubruch, dass die linksdeutschen „Antizionisten“ sich nun als persönliche Opfer der Juden inszenieren müssen - als "Überlebende blutiger Kriegsverbrechen" der Israelis. Inge Höger, Annette Grothe und Norman Paech sind „bei dem Angriff Israels offenbar unverletzt geblieben“ heißt es im Kriegstagebuch des Parteivorstandes. Und auch die Inschrift für ein Mahnmal ist schon fertig: „Unsere Gedanken sind bei allen Opfern und ihren Angehörigen“, bekannte die oberste Parteigenossin Gesine Lötzsch.

Zufrieden stellt man fest, dass die „antizionistische“ Inszenierung gelungen ist. Bereits am 22. Mai hatte die deutsche Märtyrerin Annette Grothe
verkündet, dass sie wohl „in einem israelischen Gefängnis landen“ werde und der Frontkämpfer Norman Paech  freute sich zwei Tage später öffentlich auf „Einzelzellen in Ashdod“. Wenige Tage später befand er sich, nachdem er den jüdischen „Angriff unverletzt überstanden“ hatte, „auf dem Schiff in Gewahrsam des israelischen Militärs“, und auch Groth & Höger wurden von den Juden „an einen unbekannten Ort gebracht.“

Womöglich in ein israelisches Freiluft-KZ für Deutsche und andere Minderheiten. "
Deutsche in israelischem KZ" - das war die Wunsch-Headline dieser Leute. Unvermeidlich geht die von ihnen betriebene Opfer/Täter-Umkehr mit Wahnvorstellungen einher. Die Juden müssen als ganz besonders perfide "Mörder" und "Räuber" imaginiert werden, damit das eigene subjektive Empfinden zur politischen Tat passt.

Martin Walser "zitterte" noch "vor Kühnheit", als er im Oktober
1998 in der Paulskirche verkündete, Auschwitz eigne "sich nicht, dafür Drohroutine zu werden, jederzeit einsetzbares Einschüchterungsmittel oder Moralkeule". Zwölf Jahre später zittert niemand mehr. Und die "Kühnheit" besteht jetzt nicht mehr nur aus "gewagten" Worten, sondern in konkreten TATEN.

"
Israel, Mörder" - für die Parteigenossen Paech, Groth & Höger und andere „linke Aktivisten aus ganz Europa“ (SUPERillu) demonstrieren nun - weltweit! - Hunderttausende vor israelischen Botschaften (und einige andere vor Synagogen). Von der NPD über die deutsche Mitte bis ganz links sind in Deutschland viele im Geiste dabei. In den muslimischen Ländern werden, wie stets bei solchen Anlässen, massenhaft Davidsterne und Israelfahnen verbrannt, was wiederum bestens zum linken Wunsch nach einer weltweiten "antizionistischen" Volksfront passt: „Israels mörderischer Überfall muss von der Arbeiterbewegung auf der ganzen Welt verurteilt werden! Für die Verurteilung der israelischen Greueltaten! Für Maßnahmen wie systematischen Boykott gegen den Staat Israel!“

U
nter dem Vorwand humanitärer Hilfe hat eine Querfront von Islamisten und Linksantisemiten die israelische Seeblockade vor der Gaza- Küste durchbrechen wollten. Eine Blockade, die zur israelischen Selbstverteidigung gehört, solange die Hamas, in deren Charta die Vernichtung Israels und die Tötung von Juden als Juden angekündigt wird und die 10 000 Raketen auf israelische Zivilisten abgefeuert hat, bestrebt ist, Waffen und militärisches Zubehör nach Gaza zu bringen, um ihre Stellungen zu festigen und ihre Angriffe fortsetzen zu können.

E
s war das kalkulierte Ziel der Veranstalter, durch Gewalt gestoppt zu werden und ein antiisraelisches Medienereignis zu bewirken. An einem unspektakulären Transport über den israelischen Hafen Ashdod waren sie nicht interessiert. Die Konfrontation war gewollt. Die zynische Heuchelei danach und die Selbstinszenierung als Opfer der Juden ist so offensichtlich, dass es nur eine Erklärung dafür gibt, dass dieses von der türkischen AKP-Regierung unterstützte und von Muslimsbruderschaften finanzierte "antizionistische" Projekt nicht selbst zum Objekt allgemeiner Empörung wird: Diese Aktion bediente das ansteigende Verlangen, handfesten Antisemitismus "trotz Auschwitz" wieder uneingeschränkt "gesellschaftsfähig" zu machen. Dieses Ansinnen ist heute ein globales Projekt.


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SCHULDUMKEHR
Stellvertretend für alle Deutschen haben Politiker der Linkspartei die historische Schuld endlich umgekehrt: Jetzt kann man auf "jüdische Gewalt gegen Deutsche" verweisen:


Headlines, Juni 2010:

- "Deutsche Politiker mit an Bord"
- "Deutscher auf Gaza-Flotte verletzt"
- "Israel will Gaza-Aktivisten internieren"
- "Deutsche Embargogegner in Ashdod gefangen?"
- "Deutsche Gaza-Aktivisten im Gefängnis"
- "Fünf Deutsche weiterhin in israelischer Haft"
- "Aktivisten warten auf ihre Deportation aus Aschdod"
- "Fünf Deutsche von Gaza-Hilfsflotte wohlauf"
- "Deutsche nach Gaza-Vorfall in Berlin gelandet"
- "Deutsche zurück aus Gaza"
- "Deutsche Aktivistin: Sie fixierten uns mit Kabeln"
- "Sie waren brutal und arrogant"
- "Wir sind unter die [jüdischen] Räuber gefallen" (Paech)
- "Wir haben uns wie im Krieg gefühlt" (Höger) [Wie unsere Väter]

"Pssscht : Nicht weiter sagen aber ich bin ein Deutscher, der es
glatt wagt sich eine Meinung zu Israels unglaublichen Verhalten zu bilden."
(Spiegel-Online Forum, 01.06.2010)


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Erstmals stimmt der Bundestag geschlossen gegen Israel:

(2.7.2010) Der Bundestag hat von Israel eine sofortige Aufhebung der Blockade des Gazastreifens gefordert. Ein gemeinsamer Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen wurde heute einstimmig vom Parlament verabschiedet.



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Patriotismus und Mini-Job



Der Stolz auf die "deutsche Identität" beginnt 1990. Die Angst, dass eines Tages ein sowjetischer Panzer im eigenen Vorgarten steht und die Besatzung nach der Vergangenheit des Reigenhausbesitzers fragt, ist vorbei. Die Tätergeneration ist längst in Rente, die Jungen haben übernommen. Trotzdem stellte sich der neue Stolz auf "Deutschland" nicht gleich 1990 ein. Es dauerte, bis man gelernt hatte, auch Auschwitz zum Teil der deutschen Identität" zu machen und danach gleich ein "Sommermärchen" zu feiern. Der Krieg gegen Jugoslawien, den man vorher noch führte, fiel nicht unter "Säbelrasseln", weil die Deutschen dort ein neues Auschwitz verhinderten. Auch der Beitrag der Heimatfront zum neuen Deutschlandstolz ist nicht zu unterschätzen. Er besteht nicht zuletzt in der individuellen Anpassung des Lebensstandards an die Erfordernisse einer Exportnation, die auch politisch ein Schwergewicht in der Welt ist.

(Links folgen)

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German Angst (3): Überwachen und Strafen

Die Bravheit der Deutschen drückt überall die zivilisatorischen Standards

Die nationale Work-Life-Balance der Deutschen


Karl Marx: Das Kapital (8. Kapitel: Der Arbeitstag)

Das Arbeiterpersonal wurde manchmal in 12 bis 15 Kategorien verteilt, die selbst wieder ihre Bestandteile beständig wechselten. Während der fünfzehnstündigen Periode des Fabriktags zog das Kapital den Arbeiter jetzt für 30 Minuten, jetzt für eine Stunde an und stieß ihn dann wieder ab, um ihn von neuem in die Fabrik zu ziehn und aus der Fabrik zu stoßen, ihn hin und her hetzend in zerstreuten Zeitfetzen, ohne je den Halt auf ihn zu verlieren, bis die zehnstündige Arbeit vollgemacht. 

Wie auf der Bühne hatten dieselben Personen abwechselnd in den verschiednen Szenen der verschiednen Akte aufzutreten. Aber wie ein Schauspieler während der ganzen Dauer des Dramas der Bühne gehört, so gehörten die Arbeiter jetzt während 15 Stunden der Fabrik, nicht eingerechnet die Zeit, um von und zu ihr zu gehn. Die Stunden der Rast verwandelten sich so in Stunden erzwungnen Müßiggangs, welche den jungen Arbeiter in die Kneipe und die junge Arbeiterin in das Bordell trieben. Bei jedem neuen Einfall, den der Kapitalist täglich ausheckte, um seine Maschinerie ohne Vermehrung des Arbeiterpersonals 12 oder 15 Stunden im Gang zu halten, hatte der Arbeiter bald in diesem Stück Zeitabfall, bald in jenem seine Mahlzeit einzuschlucken. Zur Zeit der Zehnstundenagitation schrien die Fabrikanten, das Arbeiterpack petitioniere, in der Erwartung, zwölfstündigen Arbeitslohn für zehnstündige Arbeit zu erhalten. Sie hatten jetzt die Medaille umgekehrt. Sie zahlten zehnstündigen Arbeitslohn für zwölf- und fünfzehnstündige Verfügung über die Arbeitskräfte! Dies war des Pudels Kern, dies die Fabrikantenausgabe des Zehnstundengesetzes

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Marx trat bekanntlich für den sogenannten Normalarbeitstag ein: Höchstens acht Stunden, völliges Verbot von Überstunden, Verbot der Akkordarbeit, Nachtarbeit, Schichtarbeit und Sonntagsarbeit, sowie affirmative action-Regelungen für Jugendliche und Frauen. Diese Position zielte nicht zuletzt darauf, den Lohnabhängigen die Teilnahme an der Zivilisation zu ermöglichen. Für Marx war es selbstverständlich, daß dies eine allgemeine Voraussetzung für alle weiteren Kämpfe ist.

Obwohl diese Zivilisation auch eine „Nachtseite“ (Adorno) hat, gibt es keinen Grund, sich von einer Aufhebung aller Schutzregelungen etwas zu erhoffen. Für ihre Verteidigung gibt es gute Gründe. Sie macht allerdings nur Sinn, wenn sie nicht als Verteidigung „deutscher Arbeitsplätze“ gegen die „ausländische Konkurrenz“ gedacht wird. 

Da die Auseinandersetzung um die Arbeitszeit von den Mehrheitsdeutschen aber genau so geführt wird, ist jede Hoffnung auf eine Schwächung der bundesdeutschen Leistungsschau vergebens. Die einzige „Forderung“ die in dieser Situation angebracht wäre, müßte dann auch eine Provokation sein: „Einkauf während der Arbeitszeit - wie damals in der DDR.“   


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German Angst (2): Inflation - das deutsche Trauma


Ein Schüleraufsatz:

Ohne die Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg hätten die Deutschen Hitler nicht gewählt! Hitler wäre im Januar 1933 nie zum Reichskanzler ernannt worden, wenn es die Inflation nicht gegeben hätte! Die Deutschen, so wird argumentiert, seien wegen der historischen Erfahrung mit der Inflation bis heute besonders sensibel. Dieser Angst müsse man Rechnung tragen. Die Antifa muss jetzt gegen die Inflation kämpfen.

"Der Hauptgrund für das Scheitern der Weimarer Republik ist in der Inflation(1914-1923) und in der Weltwirtschaftskrise zu sehen. Seit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 vermehrte sich im Deutschen Reich die umlaufende Geldmenge und führte zu einer kontinuierlichen Geldwertverschlechterung und sinkender Kaufkraft. Durch die Kriegsniederlage und die damit verbundene Umstellung der Wirtschaft auf eine Friedensproduktion war der Staat nun gezwungen, neue Staatsschulden aufzunehmen, was die Geldentwertung weiter steigerte. Zur hohen Staatsverschuldung gesellten sich die Reparationsforderungen des Versailler Vertrages, die von den Alliierten mit dem Londoner Ultimatum 1921 durchgesetzt wurden.

Durch diesen großen Wertverlust war die deutsche Regierung nicht in der Lage, die hohen Reparationen an die Alliierten weiter zu bezahlen und konnte damit auch nicht den Einmarsch von Frankreich 1923 ins Ruhrgebiet verhindern, das sich damit in den Besitz von wichtigen deutschen Produktionsstätten als Pfand für die Reparationen brachte. Die deutsche Regierung reagierte auf die Besetzung des Ruhrgebiets nun mit der Aufforderung zum Widerstand und die ganze Bevölkerung an Rhein und Ruhr trat in den Streik. Die Streikenden mussten aber natürlich auch finanziell unterstützt werden und so druckten die Notenpressen weiter immer mehr und mehr Geld. Dennoch konnten schließlich die Druckmaschinen den riesigen Wertverlust der deutschen Mark während der gallopierenden Inflation nicht mehr durch vermehrten Notendruck ausgleichen.

Die Inflation wurde für die deutsche Bevölkerung zu einem traumatischen Erlebnis, und obwohl sich nach der Inflation die Lage der Bevölkerung wieder verbesserte, wuchs die Gewaltbereitschaft und die radikalen Parteien, wie KPD, USPD und NSDAP verzeichneten einen regen Zuwachs. Zudem verbreitete sich in der breiten Masse der Bevölkerung die Bereitschaft zur Errichtung einer Diktatur, was Adolf Hitler erkannte und in seinem Putschversuch vom neunten November für seine Zwecke ausnutzen wollte.

Von diesem Zeitpunkt an war die Weimarer Republik meiner Meinung nach zum Scheitern verurteilt, da die Menschen das Vertrauen in die Regierung verloren hatten. Das schon durch die Inflation schwer ramponierte Selbstvertrauen des deutschen Volkes wurde durch die Weltwirtschaftskrise noch weiter zerstört und die breiten Massen sehnten sich nach einem starken Mann, der die „Quatschbude“(Reichstag) das Fürchten lehrt und ihnen endlich hilft.

Der schon durch den Versailler Vertrag angeknackste Stolz der Deutschen wurde natürlich durch die französische Besetzung des Ruhrgebiets als eine Folge Inflation noch weiter verletzt.

Ich glaube, um die radikale Einstellung der Menschen damals zu verstehen, muss man sich einfach in sie hinein versetzen.

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siehe auch:
Das Trauma der Deutschen
(Spiegel)


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Der Gaza-Krieg und die Mehrheit der Deutschen

2009: Dass die Opfer sich selbst schuldig machen,
ist der geheime Wunsch der Deutschen.
Sie phantasieren deshalb gerne von
Juden, die ihre Gegner mit Giftgas umbringen.
Die Antiimperialisten wiederum geben sich
als Anwälte von "besetzten Gebieten".
Das verstehen die Alten, die lange genug nach 1945
gegen die sowjetische Besatzungszone (DDR)
gekämpft hatten. 
Deutsche mit schlechtem Gewissen?

"Schnell sind nun die selbsternannten Verteidiger Israels bei der Hand, die es "ja immer schon gewusst hatten": Dass die Israel-Freundlichkeit der Deutschen während der letzten Jahrzehnte doch nur eine Scharade war, mit der das schlechte Gewissen für die Vergangenheit den angeblich weiterhin latenten Antisemitismus überdecken sollte. Natürlich gibt es auch weiterhin Antisemiten in Deutschland und das ist schlimm. Und es ist bei ihnen längst Mode, den kranken Hass als legitime Kritik an Israel zu bezeichnen. Die breite Mehrheit derer aber, die nun aus Empörung über unangemessene Gewalt und mögliche Kriegsverbrechen auf die Straße ziehen, haben früher gegen Antisemitismus und dann gegen Fremdenfeindlichkeit protestiert. Sie sind der gute und starke Kern einer Gesellschaft, die nichts mehr gemein hat mit der Deutschlands vor 75 Jahren." (Deutsche Welle)




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Mittwoch, 6. April 2011

Streichung von Bonuszahlungen soll nationalen Zusammenhalt festigen


Evangelischer Pressedienst, 14.02.2009
Talkshow zum Thema Gier und Demut
Im Mittelpunkt der Fernseh-Talkshow "Tacheles - Die Zehn Gebote" am 3. März (Phoenix) steht das zehnte biblische Gebot: "Du sollst nicht begehren". Das Thema der Diskussion lautet "Gier ohne Ende, Neid auf alle - hat die Demut keine Chance?". Diskussionsteilnehmer sind u.a. der Bischof der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck und der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). Die Runde wird moderiert von einer Redakteurin des evangelischen Monatsmagazins "chrismon" [das aufdringliche, aber zum Glück ätzend langweilige Heft erscheint als Beilage in FAZ und SZ]. Die Reihe ist eine Veranstaltung des Medienbeauftragten der EKD (Propagandachef der Ev. Kirche].


In dem Märchen „Armut und Demut führen zum Himmel“ der Brüder Grimm (s.Video) möchte ein Prinz unbedingt „in den Himmel“ kommen. Als Bettler verkleidet, wandert er jahrelang umher. Als er heimkehrt, erkennt ihn niemand. Die Diener lassen ihn nicht ins Schloss, die Mutter lässt ihn zwar aus Mitleid unter einer Treppe wohnen, aber das schlecht bezahlte Personal verzehrt die Mahlzeiten selbst, die es ihm bringen soll. Während der Prinz langsam verhungert, freut er sich, durch die freigewählte „Demut“ schneller als die anderen „noch oben“ zu kommen.

Für die Kirchen ist Demut die perfekte Untertanengesinnung. Der Christenmensch (s. Video) soll gegenüber seinem „Schöpfer“ dieselbe Ergebenheit zeigen wie der Knecht gegenüber seinem Herrn. Der Demütige nimmt es einfach hin, dass es für viele so viel Unerreichbares gibt. Auf diese Weise kann er seine Unmündigkeit und Selbstunterwerfung als Tugend ausgeben.

Demut ist die Tugend, die gerade in der Krise von denen verlangt wird, die sie bezahlen sollen. Sie ist zugleich der moralische Mehrwert, den ein guter Untertan in der Krise realisieren will: Der eigene Mangel an Courage wird jetzt gegen alle gerichtet, die sich nicht so freiwillig demütigen lassen wollen und die nicht die erwartete Anspruchslosigkeit und Bescheidenheit an den Tag legen. Selbst die Mächtigen kriegen von den Demütigen jetzt eine saftige Moralpredigt zu hören: ihr „Hochmut“ habe die Krise verursacht. Am Königssohn im Märchen "Armut und Demut führen zum Himmel" sollten sich Josef Ackermann & Co. ein Vorbild nehmen und mit einer Kürzung ihrer Gehälter zwecks Festigung des nationalen Zusammenhalts wenigstens etwas Demut inszenieren.



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Die Väter der Mehrheit


Einst waren die Väter Nazis. Jetzt sind die Nazis Väter. Die Mehrheit der Deutschen ist jetzt mit der NS-Geschichte versöhnt.

Es gab Verbrechen, keine Frage. Aber man muss auch die Umstände berücksichtigen. Kann ich wissen, ob ich in einer ähnlichen Situation anders gehandelt hätte? Gab es nicht überall Verbrechen? In Vietnam zum Beispiel. Oder der Vernichtungskrieg Israels gegen die Palästinenser!  Okay, Vergleiche sind problematisch und es soll nichts gerechtfertigt werden. Die Wehrmacht hat bestimmt Verbrechen begangen. Über das Ausmaß kann man sicher streiten. Das hat ja die Wehrmachtsausstellung gezeigt. Einige der Fotos zeigten Verbrechen der Russen. Sie mussten die erste Ausstellung schließen. Die zweite Ausstellung war viel objektiver. Aber im Rückblick ist es keine Frage: Ohne die erste Wehrmachtsaustellung wäre das Gespräch zwischen den Generationen nicht zustande gekommen. Und ohne diese Thematisierung wäre Deutschland handlungsunfähig gewesen, als es darum ging, ein neues Auschwitz auf dem Balkan zu verhindern.  


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Die Mehrheit der Deutschen steht links!

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Viele deutsche Konservative sind links. Viele deutsche Linke sind konservativ. Alle zusammen sind Grün. "Arbeit" und "Öko" sind die deutschen Konsensformeln seit 1933. da kennt man keine Parteien. Eigentlich würden alle gerne sagen, dass Arbeit frei macht. Auf den Lohn kommt es überhaupt nicht mehr an. Auch nicht darauf, die Lohnarbeit abzuschaffen. Das ist der deutsche Arbeitsbegriff. Die Folgen stehen in den Geschichtsbüchern und sind auch aktuell zu besichtigen, denn deutsche Arbeit und deutsche Bravheit konkurriert alle anderen in Europa und der Welt gnadenlos nieder, setzt sie unter Druck, bewirkt dort soziale und politische Verwerfungen, die man hier wiederum als Vorteil betrachtet.

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Nationaler Sozialismus


Die Verstaatlichung der Commerzbank wurde als Tabubruch einer neoliberalen Regierung gehandelt. Die "Mehrheit der Deutschen" hatte damit aber keine Probleme. Vollkommen abhängig von den "Gesetzen" des Kapitals, ist sie mit allem einverstanden, was mit diesem auch sie selbst rettet. Ohne Kapital keine Arbeit - diese feste Überzeugung, die gerade hier im Umkehrschluss bedeutet, dass es dem Kapital gut gehen muss, damit es genug "Arbeit" gibt, bewirkt, dass auch die "Rettung durch Verstaatlichung" begrüßt wird.

Verstaatlichung bedeutet hier Vergesellschaftung privatkapitalistischer Verluste. Sie ist nur die Fortsetzung der Privatisierung unter anderen Umständen und mit anderen Mitteln. Sie lässt sich nicht „neoliberal“ legitimieren, aber die Nutznießer der Boom-Zeiten können gut damit leben.


Es ist gerade das Fehlen einer global vernetzten (und explizit antirechten) Assoziation von Lohnabhängigen und anderen Akteuren, was diese Krise von früheren Krisen unterscheidet. In dieser Krise sind Staaten und Kapitalvermögensbesitzer die einzigen Akteure. Alle anderen (einschließlich Gewerkschaften und Betriebsräten) sind nur passive Zuschauer, denen scheinbar nichts bleibt, außer still zu halten. So leben alle - in Unmündigkeit und ohne dass damit irgendein Lernprozess einhergeht - mit der Drohung, dass jedes Misstrauen und jeder Ungehorsam auf sie selbst zurück fallen würde. Deshalb gibt es nicht mal einen Run auf die Bankschalter, weil das bekanntlich alles nur schlimmer machen würde.
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Daumendrücken für die Rettung des Kapitalismus
Schlagzeilen zur Krise und was damit gemeint ist


Deutsche Milliarden für die Pleite der US-Banken?

→ meint: "wir" haben mit dieser Krise doch nichts zu tun!


Werden die USA ihren Status als Supermacht verlieren?

→ meint: eine Schwächung der Amis käme uns gerade recht.

Pleite der Hypo Real Estate

→ meint: Mist, die Verschwörungstheorie, wonach die USA ihre Krise exportieren, ist jetzt aufgeflogen.

Verzocken Banker unseren Wohlstand?

→ meint: Kapitalismus, das ist das "schaffende" Kapital. Kredit und Börse gehören da garnicht dazu.

Nie wieder DDR!
(FAZ)
→ meint: die Krise des Kapitalismus sollte niemand auf falsche Gedanken bringen. Dafür haben wir Notstandgesetze und das BKA- Gesetz.

Island kurz vor dem Staatsbankrott

→ meint: Wie das Beispiel DDR zeigte, ist nicht jeder Staatsbankrott ein Schaden, aber uns wird das nicht passieren.

Die Angst vor der Angst

→ meint: Der Verlauf der Finanzkrise hängt davon ab, ob "die Sparer" bereit sind, die Verluste der Kapitalbesitzer zu finanzieren.

Krisengewinner Gott

→ meint: Glauben statt Wissen ist jetzt angesagt. Eine Kampagne
der Kirchen gegen "Gier" wäre jetzt sehr nützlich.

Automobilindustrie in der Krise

→ meint: der Boom der letzten Jahre hatte doch absolut nichts mit den Finanzmärkten zu tun. Leider greift die Finanzkrise jetzt auf die saubere Realwirtschaft über.

Kalifornien pleite, Absturz des britischen Pfunds

→ meint: die Konkurrenten werden auf lange Sicht am Boden liegen, und das wird am Ende unser Vorteil sein. 




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German Angst (1)


Inflation ist unheimlich. Wer steckt dahinter? Preistreiber und Spekulanten! Wer ist das? Der "Spiegel" zeigt nur die Beine dieser unheimlichen Macht, die er "Spekulanten" nennt. Der "Stürmer" zeigt auch das Gesicht dazu. Die Opfer dieses "Angriffs auf den Wohlstand" sind harmlos-ehrliche deutsche Familien. Sie haben Angst. German Angst: Angst vor Inflation, Angst vor Armut, Angst vor dem Spekulant, der 2009 noch kein Gesicht hat.



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Der deutsche "Mauerfall" ist weltweit zum Master Narrativ für die "Befreiung der Völker" geworden. Der nächste "Mauerfall" soll nun in Israel stattfinden.

2009
Der "Berliner Mauerfall" ist weltweit zum Master-Narrativ geworden. Er erzählt die Geschichte davon, wie  eine Mehrheit ungestraft größte Verbrechen begehen und am Ende trotzdem besser da stehen kann als die anderen. Der "Mauerfall" ist zudem zum Kernstück der Ikonographie des Antikommunismus geworden, der bis 1990 das zentrale Bindeglied der westlichen Allianz war. Die weltweite Begeisterung für die Bilder von der Auflösung der DDR, die zugleich die Auflösung der Sowjetunion symbolisieren, hat viele Motive. Eines darunter ist zweifellos die Beschwörung einer relativen Stabilität, die es seit dem Ende des "Kalten Krieges" nicht mehr gibt. Mit dem "Mauerfall" beginnt die Erosion des westlichen Bündnissystems, von dem nicht zuletzt das iranische Gottesreich profitiert und mit dem "Mauerfall" enden auch zivilisatorische Errungenschaften wie die Einführung des Normalarbeitstages.

Ein Master Narrative ist ein  Interpretationsrahmen, der so dominant geworden ist, dass viele andere Ereignisse sozusagen im Licht dieser Geschichte interpretiert werden. Der "Mauerfall" ist zur Metapher geworden, die sich überall anwenden lässt, wo es um "humanitäre Interventionen" geht, wo sich ein "Volk" erhebt und die Regierung eines "nicht mehr in die Zeit passenden" Staates wankt. Das Bild von der Mauer, die Menschen trennt und deshalb eingerissen gehört, wird aber auch polemisch gegen das Grenzregime zwischen den USA und Mexiko oder gegen das Schengener Übereinkommen gewendet. So lebt das antikommunistische Motiv noch im Antirassismus von Flüchtlingsinitiativen weiter. Beliebtestes Objekt der Anti-Mauer-Erzählung sind jedoch in allen Lagern die Grenzbefestigungen, die Israel während des Höhepunktes der Selbstmordanschläge errichtet hat.

Anlässlich des 20. Jahrestages des "Mauerfalls" haben die Botschaften der BRD, die jetzt nur noch Deutschland heißt, weltweit Maueraktionen inszeniert. An denen hat zwar meistens nur das Botschaftspersonal  teilgenommen, aber das reichte für eine Serie von PR-Fotos, die dann um die Welt gingen. Das Bild oben zeigt die "Feier des Mauerfall" an der israelischen Grenze zum Westjordanland. Die ironischen Anführungszeichen, in die das Wort "Sicherheitsmauer" gesetzt ist, stammen von der Redaktion der "israelfreundlichen" Springer-Zeitung "Hamburger Abendblatt".



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Alles für die Autobahn? Der angebliche Materialismus der Mehrheit der Deutschen

2008

Auf die Lüge, Hitler hätte die gutmütigen Deutschen durch den Bau von Autobahnen und die Beseitigung von Arbeitslosigkeit so für sich eingenommen, dass sie seine Judenfeindschaft ganz übersehen hätten, kann auch heute nicht verzichtet werden. Der den Deutschen dabei unterstellte "Materialismus", also die Behauptung, sie verfolgten vor allem ganz unmittelbare Interessen wie zum Beispiel einem auskömmlichen Arbeitslohn, ist sozusagen die Lüge in der Lüge, die auch heute noch jeden Tag im Land des Niedriglohns wiederlegt wird.

Seit 1871 wird das deutsche Staats- und Gemeinwesen nicht mit den Argumenten der Aufklärung begründet, sondern durch deutschvölkische, "germanische" - also antisemitische - Mythen. Die werden heute wieder verstärkt gepflegt, nicht nur in der Staatsoper, sondern in neuen Pop- und Kunstzeitschriften, Feier der Varusschlacht und vielem mehr.

(weitere Texte und Links folgen)




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Total unverkrampft: Der Umgang der Mehrheit mit der "deutschen Vergangenheit"

(2008) Links: Hamburger Abendblatt. Rechts: Plausch am Holocaust-Mahnmal und Modefoto aus der Bordzeitung von Easyjet.
2008


Die Deutschen haben sich lange geweigert, die NS-Zwangsarbeiter zu entschädigen. Durch deren Sklavenarbeit war die deutsche Industrie 1945 trotz Bombenkrieg in einem Zustand, der dann die Umwandlung der NS-Kriegswirtschaft in das "Wirtschaftswunder" der Nachkriegszeit möglich machte. Als sich die Entschädigung derjenigen ehemaligen Zwangsarbeiter, die zu diesem Zeitpunkt noch am Leben waren, nicht mehr vermeiden ließ, fiel den Deutschen wieder ein, dass auch die in Kriegsgefangenschaft geratenen Soldaten der Wehrmacht Zwangsarbeiter waren.  Die nun erhobene Forderung, die Alliierten müssten auch die "deutschen Zwangsarbeiter" entschädigen, fiel aber nicht allzu laut aus, da man die Wehrmachtssoldaten längst schon selbst entschädigt - also gut versorgt - hatte. Nur im "Unrechtsstaat" DDR war das damals nicht geschehen, weshalb man es 2008 nachholte.

Der inzwischen sehr entspannte Umgang mit dem Holocaust-Mahnmal in Berlin, das man nach 1990 brauchte, um die Welt hinsichtlich der künftigen Rolle des nun vergrößerten Deutschlands zu beruhigen,  resultiert aus dem Gefühl, der Welt nichts mehr schuldig zu sein.  Das Mahnmal erfüllt heute sogar den bemerkenswerten Zweck, "andere" darüber zu belehren, wie man vorbildlich "seine Geschichte bewältigt" (zum Beispiel den "Bombenterror" gegen die Deutschen). Seine ungewöhnliche Größe wird jetzt nicht mehr in Beziehung zur Vernichtung der europäischen Juden gesetzt, sondern als Beispiel dafür dargestellt, dass die Deutschen auch beim "Erinnern" das Weltniveau vorgeben:

"In anderen Ländern beneiden manche die Deutschen um dieses Denkmal"
(Der Historiker Eberhard Jäckel, 2010. Dokumentiert in der TV-Sendung "Entweder Broder", Folge 2)




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Zweifel der Mehrheit führen zur Suche nach Schuldigen. Die findet sich immer anderswo

2008
Subalterne werden in der Nachfolge Gramscis gerne als Ausgegrenzte dargestellt. Die subalterne Mehrheit ist aber gewiss nichts ausgegrenzt. Sie hat sich in ihrer unmündigen Abhängigkeit eingerichtet und sich dazu entschlossen, aktiv zu wollen, was ihr aufgezwungen ist. Für die kognitiven Dissonanzen, die dabei unvermeidlich spürbar werden, findet man Linderung bei der Suche nach Gegnern, die so konstruiert werden, dass die Verhältnisse nicht ins Schussfeld geraten: Der Spekulant, die menschliche Gier, die Amerikaner...

(Hinweis: Weitere Texte und Links zu jedem Thema dieses Blogs folgen)




 
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Die Mehrheit der Deutschen ist gesund


Die Mehrheit der Deutschen lässt sich viel gefallen. Krank zum Job zu gehen ist heute üblich und nur ein Beispiel dafür, wie alle möglichen Zumutungen klaglos hingenommen werden. Die verschärfte Konkurrenz unter den Lohnabhängigen allein erklärt dieses sich Fügen nicht.  Die Unzufriedenheit mit solchen Arbeitsbedingungen bei niedrigen Löhnen könnte sich ja, wenn schon nicht beim Thema "krank zur Arbeit", bei einer guten Gelegenheit an einem anderen Punkt der Auseinandersetzung niederschlagen. Aber auch das ist meistens nicht der Fall. Statt dessen wird die Beweislast umgedreht: Wer krank wird, hat - in seiner Freizeit - nicht gesund gelebt. Also macht man eine Kampagne für mehr Sport und gegen das Rauchen bzw. das "Passivrauchen".  Die Unzufriedenheit hat jetzt ein Ventil. In Deutschland ist das die übliche Methode der Mehrheit. Und nicht erst seit gestern:

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Maßnahmen gegen das Rauchen im NS-Staat

Nachdem deutsche Ärzte als erste den Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs erkannt hatten, wurde im Deutschen Reich die weltweit erste öffentliche Anti-Tabak-Kampagne initiiert.

Anti-Tabak-Bewegungen entstanden Anfang des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern, hatten aber mit Ausnahme Deutschlands, wo die Kampagne von der Regierung unterstützt wurde, wenig Erfolg. Die Bewegung gegen das Rauchen in Deutschland war in den 1930ern und 1940ern die stärkste der Welt. Die Nationalsozialisten verhängten  Beschränkungen bei der Tabakwerbung und beim Rauchen im öffentlichen Raum und in Restaurants und Cafés. Die nationalsozialistische Führung missbilligte den Tabakkonsum und mehrere Mitglieder kritisierten öffentlich den Konsum von Tabak Untersuchungen der Wirkung des Rauchens auf die Gesundheit wurden zur Zeit des Nationalsozialismus gefördert und waren zu der Zeit die bedeutendsten ihrer Art. Adolf Hitlers persönliche Ablehnung des Rauchens und die damalige Familienpolitik gehörten zu den Gründen der Kampagne gegen das Rauchen. Die Kampagne stand in Verbindung mit Antisemitismus und Rassismus.  





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Mehrheit und Ausnahmezustand

2006

Der Wille zum "unverkrampften Nationalstolz"
Massenpsychologie des "Patriotismus" und dessen diskursive Voraussetzungen.

Victor Klemperer hat es anschaulich beschrieben: Die Beseitigung bestimmter gesellschaftlicher Mindeststandards erfordert die TAT der Massen: Den kollektiven Schrei, das Fahnenschwingen, die Abzeichen. Die Mehrheit benötigt für den Tabubruch, den sie durchsetzen will, den Ausnahmezustand. Wer abseits bleibt, macht sich verdächtig. Nur wer seine abweichende Meinung versteckt, entkommt der gut gelaunten Raserei, die jederzeit umschlagen kann. Am Ende des Ausnahmezustandes ist alles anders. Die neuen Selbstverständlichkeiten sind jetzt so selbstverständlich, dass man sich schon bald nicht mehr daran erinnern kann, dass es einmal anders war. Allerdings fehlt dann bei der Wiederholung (EM 2008, WM 2010) auch der Mehrgenuss, der mit dem Tabubruch verbunden war.     

Wer die Nationalfahne schwenkt und den Sieg der deutschen Mannschaft feiert und dabei “WIR haben gewonnen” grölt, obwohl er/sie dem Spiel höchstens zugeschaut hat, also mit dem Sieg nichts zu tun hatte, der/die zeigt damit den eigenen WILLEN zum Konformismus. Und man weiß durchaus, dass jene „Unschönheiten“, gegen die sich abgeklärte Deutsche im nüchternen Zustand gerne abgrenzen - Antisemitismus, Rassismus, Homophobie – etc. - ihren Ursprung in der nationalen Identifikation haben, einer Identifikation, zu der man sich ausdrücklich TROTZ des Nationalsozialismus bekennt. In diesem demonstrativen TROTZDEM steckt der Wille zur Relativierung.


Die Geschichtsserien von Guido Knopp (nach dem Muster: Nachdem wir unsere Schuld eingestanden haben, thematisieren wir jetzt die Verbrechen der anderen - zum Beispiel in Dresden), die Bücher von Günter Grass (z.B. über den Untergang des Flüchtlingsdampfers "Wilhelm Gustloff") und Jörg Friedrich (über den "Feuersturm"), in denen die Täter & Mitläufer als Opfer dargestellt werden, die Kampagnen für geschichtsrevisionistisches "Zentrum gegen Vertreibungen", außerdem Kampagnen wie "Du bist Deutschland" oder "Initiative Deutschland", propagierten schon vor der Weltmeisterschaft eine neue "unbefangene" Vaterlandsliebe. Die Medien (Bertelsmann vorweg) mischten dabei kräftig mit. Die "Du bist Deutschland"-Spots liefen auf allen TV-Sendern. Zudem fanden in den TV-Anstalten und Zeitungen Diskussionen über die Notwendigkeit eines „neuen Patriotismus“ statt. So debattierten bei Beckmann noch zwei Wochen vor Beginn der WM Florian Langenscheidt, Til Schwaiger, Gregor Gysi und Matthias Matussek über Gründe, „auf Deutschland stolz“ zu sein. Und der "Berliner Kurier" verteilte als Beigabe bereits vor der WM deutsche Fähnchen.

Der tiefe Wunsch nach Nationalhymnen und Nationalfahnen war jedoch schon lange vorhanden. Er musste von den politischen Eliten mit Rücksicht auf Deutschlands internationale Stellung stets gesteuert werden. Was "im Volk" gedacht wurde und was offiziell gesagt werden konnte, war nie das gleiche. Insofern ist auch der neue Massenstolz auf Deutschland von politischer Seite genau kalkuliert und er wird dementsprechend auch kontrolliert. Was auffällt ist diesmal allerdings die rückhaltlose Begeisterung der Eliten selbst, auch die der Mittelschichten, besonders auch die der rotgrünen Milieus in den Metropolen.

Alle wissen, dass das, was bei dieser WM in dieser Hinsicht geschah, noch vor ganz kurzer Zeit nicht einmal in der Vorstellung der Akteure möglich gewesen wäre. Der Tabubruch war und ist allen bewusst. Und die Welt ist seither eine andere. Wer gestern noch "gehemmt" war, weiß heute schon nicht mehr, warum.
Die Aktion von Millionen schafft neue Selbstverständlichkeiten. Wer dann noch dagegen ist oder daran erinnert, was gestern noch Standard war, schließt sich selbst aus der neuen Volksgemeinschaft aus.



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Der Verdacht, es könnte noch Abweichler geben, bringt gerade 99-Prozent-Mehrheiten in Rage







Es beruhigt den Mitmacher nicht, wenn er eine 99-Prozent-Mehrheit hat. Erst wenn der letzte Zweifler gestellt ist, ist auch der eigene Zweifel überwunden, der sich manchmal noch aus dem Unterbewußtsein meldet.

"Die jubelnden Fußballfans mit auf die Stirn gemalten Deutschlandfarben scheren sich nicht um alberne Patriotismusdebatten. Da ist das gemeine Volk wohl schon weiter als sämtliche Mahner zusammmen. Wenn es allerdings durch die Weltmeisterschaft gelänge, auch verdruckste Funktionäre von der Lehrergewerkschaft in diese Gesellschaft zu integrieren, wäre das schon ein bemerkenswerter Erfolg". (FAZ 17. Juni 2006)

"Die Deutschen haben es allen Nörgelern und Bedenkenträgern kräftig gezeigt. Deutschland muß nach der WM endlich zur No-Go-Area werden. Für all die Miesmacher, die alles besser wissen ..." (Bild, 5. Juli 2006)

"Sollen doch die knurrigen Besserwisser allein zu Haus vor dem Fernseher hocken, um kritisch zu analysieren und ihre apodiktische Meinung unter die Leute zu bringen - atmosphärisch bestimmen jene den Festverlauf, die gönnen können." (FAZ, 10.6.2006)

Hohn und Spott für jene, die sich bedroht fühlen, dominieren die Kommentare von Taz bis Faz. Der aggressive Ton soll zugleich davon ablenken, dass die "Miesmacher", gegen die ständig mobilisiert wird, angesichts der gelungenen Gleichschaltung und Selbstgleichschaltung öffentlich praktisch nicht sichtbar sind. Man muss sich daher Feinde erfinden, um den eigenen Konformismus unsichtbar zu machen. Zugleich beginnt der Konformist nach den Abweichlern zu fahnden: "Irgendwo müssen sie sich doch versteckt halten!" Es beruhigt den Mitmacher nicht, wenn er eine 99-Prozent-Mehrheit hat. Erst wenn der letzte Zweifler gestellt ist, ist auch der eigene Zweifel überwunden, der sich manchmal noch aus dem Unterbewußtsein meldet.


Nach der Niederlage:

Jetzt ist der Frust zu Gast in Deutschland: Die Fanmeilen sind seither verwaist. Schon unmittelbar nach der Niederlage gegen Italien verschwinden die Jubeldeutschen sofort von der Bildfläche - schweigend und einzeln geht´s nach Haus. Denn ohne deutschen Sieg gibt es nichts zu feiern, weil der Sport für die meisten nur eine gute Gelegenheit für etwas ganz anderes war. Massive Polizeipräsenz und monatelanger öffentlicher Benimm-Unterricht (Deutschland muss einen guten Eindruck machen) sorgen jedoch dafür, dass der losgelassene nationale Fanatismus auch nach einer Niederlage unter Kontrolle bleibt.

Nationalismus soll kein Nährboden für "Rechtsgesinnte" werden. Der etwas verunglückte Satz des oben zitierten Wolfsburger SPD-Politikers ist durchaus paradigmatisch: Die Verantwortlichen sind sich bewusst, dass sie die von ihnen gewollte und beförderte "Ich bin Stolz ein Deutscher zu sein"- Massenbewegung zu jeder Zeit ideologisch und polizeilich kontrollieren und lenken können müssen, damit der "neue deutsche Patriotismus" im "Ausland" nicht durch "Zwischenfälle" doch noch eine schlechte Presse bekommt. Die Nationalisten anderer Länder sollen beim Blick auf Deutschland nur sich selbst erkennen. Denn anderswo weiß man ja seit jeher, wie man mit Fähnchen, Nationalperücken und Autokorso einen "unverkrampften Nationalismus" in Szene setzt. Je näher man sich da also anlehnt und je weiter das Jahr 1945 zurück liegt, desto weniger wird "denen" noch einfallen, was sie dagegen haben könnten, wenn es jetzt in Deutschland auch so zu geht.

Das Design dieser WM-Kampagne ist auf die Blamage der ausländischen (und wenigen inländischen) Deutschlandkritiker angelegt. In den Medien - der "Stern" hat eine Titelgeschichte dazu gemacht - werden Stimmen aus aller Welt zitiert, die sich positiv über Deutschland äußern. Besonders beliebt sind britischen Kommentatoren, die sich für 60 Jahre antideutsche Vorurteile entschuldigen. ("Sogar die englischen Blätter, normalerweise alles andere als deutschfreundlich, äußerten sich positiv über die Lebensfreude und die Unbefangenheit, mit der die Deutschen neuerdings ihre Nationalflagge schwingen“). Auch dem israelischen Botschafter (oder dem Zentralrat der Juden, was für viele keinen Unterschied ausmacht) hält man gerne das Mikro hin, damit auch von dieser Seite einmal gesagt wird, wie unverkrampft jetzt alles ist. Man gibt ihnen damit Gelegenheit, sich noch mehr Feinde zu machen und weiß natürlich, dass sie sich diesen Schuh nicht anziehen werden: So sagt dann auch Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch: "Ich teile die Begeisterung der Fans und freue mich, wenn ich überall in der Stadt Fahnen sehe. In München wehen übrigens nicht nur die deutschen Flaggen.“ Mehr Einwand würden sich die Deutschen auch nicht bieten lassen.

Obwohl die Ausschreitungen (die von der Polizei umgehend unter Kontrolle gebracht wurden) in der Summe durchaus beachtenswert sind, war die typische und vorherrschende Reaktion eine andere: Die Leute drehten sich praktisch auf dem Absatz um, gingen auf geradem Weg nach Hause und legten sich dort ins Bett! Man muss das gesehen und erlebt haben. Leute, die eben noch vor den Restaurants gemeinsam WM schauten, lachten und johlten, bezahlten blitzschnell und verschwanden ohne ein weiteres Wort in ihren Wohnungen. Niemand blieb noch auf ein Bier, niemand wollte über das Spiel reden. Sie waren wie vom Blitz getroffen, nachdem sie sich in die Überzeugung hineingegrölt hatten, dass "Deutschland über alles" zu gehen habe. Sie konnten gemeinsam "Deutschland!" schreien und sich mit wildfremden Wimpelträgern verbrüdern. Aber sie konnten sich nicht mehr in die Augen schauen, als alles vorbei war. Im Untergang gab es kein gemeinsames Thema mehr. Und so wie die Tische vor den Restaurants, so lehrten sich auch die Fanmeilen und anderen Public-Viewing-Locations in kürzester Zeit. Wortlos und stur geradeaus schauend radelten in Hamburg Tausende in Viererreihen nach Hause. Eine geradezu unheimliche Schweigeparade nach all dem Getöse.



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