Donnerstag, 7. April 2011

German Angst (4): das Sparbuch


Der Wirtschaftsjournalismus stellt die Krise als einen Test auf die Tugendhaftigkeit des Finanzsektors dar. Jahrelang wurde das Kreditgewerbe als Motor der Wirtschaft gepriesen, seine Renditen bewundert. Als sich die Krise schon abzeichnete, hat man behauptet, im Grunde sei das Bankensystem „im Kern gesund“.

Jetzt mahnt man eine „radikale Umkehr“ an - zurück zum „ehrlichen Kapitalismus“. Bankgeschäfte sollen wieder „fair“ und „menschlich“ werden. Hatte man vorher das hohe Lied der „Selbstheilungskräfte“ der „freien Marktwirtschaft“ gesungen, soll jetzt plötzlich „moralisches Handeln“ zur Leitlinie werden. Ausgerechnet die FAZ kritisiert die Frankfurter Sparkasse nun dafür, dass diese Wertpapiere zu sechs Prozent anbietet – Kredite für Daimler und die Commerzbank. Dabei ist der Handel mit Risiken und Erwartungen nach wie vor das Geschäftsfeld der Banken. Ein Kredit an die Daimler AG ist mal mehr, mal weniger riskant. Entsprechend hoch sind die Risikoaufschläge. Niemand muss sich darauf einlassen.

Und reagiert der Staat auf die Krise nicht selbst mit einer Politik des „billigen Geldes“, obwohl diese doch, als sie noch von Alan Greenspan betrieben wurde, die Krise herbeigeführt haben soll? Ebenso denken Aktionäre und Manager, noch bevor der Staat irgendetwas „gerettet“ hat, schon an die Zeit danach. Das kann nicht anders sein, solange die Logik der Konkurrenz und der Verwertung von Kapital nicht in Frage gestellt wird, solange also keine gesellschaftspolitischen „Lehren“ gezogen werden. Und genau das soll nicht geschehen: Politik, Wirtschaft und Medien stemmen sich mit aller Macht dagegen, dass die Systemfrage in kritischer Absicht aufgeworfen wird. Der Kapitalismus wird einerseits, als wollte man radikalen Gedanken zuvor kommen, wieder offensiv bei seinem lange verpönten Namen genannt und zugleich wird trotz der offensichtlichen und bedrohlichen „Misswirtschaft“ (dieses Wort ist für die die „Planwirtschaft“ reserviert) seine Alternativlosigkeit beschworen.