Freitag, 8. April 2011

Steuersenkung


Der "Steuerzahler" ist in der deutschen Kultur eine besonders üble Figur. Er wird dauernd übervorteilt, er ist immer der Dumme. Besonders beliebt ist die Rede vom "ehrlichen Steuerzahler", womit man sich gleichzeitig vom unpatriotischen Steuerflüchtling und vom Sozialhilfeempfänger abgrenzen kann. Die Rolle des "ehrlichen Steuerzahlers" bietet einen erhöhten Sprechort, von dem aus man im Namen des Vaterlandes und des Allgemeinwohls jeden in die Schranken weisen kann, egal um was es geht. Auch "Bürgerinitiativen" treten gerne als organisierte Steuerzahler auf, wenn ihnen ein Projekt der Behörden nicht passt. Ebenso gut kann damit die Forderung nach "kurzem Prozess mit Kriminellen" begründet werden, da alles andere Verschwendung unserer Steuergelder ist. Die Nazis haben auf diese Weise die "Euthanasie" begründet.

Die Forderung nach niedrigeren Spritsteuern ist vor allem ein kultureller Code, ein Plädoyer für die "Autogesellschaft", gegen Öko-Spinner, für die Abwertung des öffentlichen Nahverkehrs, für´s Durchstarten überhaupt. Ein ähnlicher kultureller Code war einst der Transrapid. Man ruft das Wort auf und hat sich damit auf der Seite des Fortschritts positioniert. Shulamit Volkov hat in ihrem Buch: "Antisemitismus als kultureller Code" gezeigt, wie ganze Sets von Bedeutungen entstehen, deren Aufruf den Charakter eines indirekten Sprechens hat: Man sagt "Steuersenkung" oder "Heuschrecken", und alle wissen, was gemeint ist.      

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